Mittwoch, 24. Februar 2016

Neue Kreation von Antifa & Co.: Rechtskatholiken/Versuch einer Deutung


Papst Pius XI. Foto: Alberto Felici (1871-1950) - Politisch Wissenschaftlicher Verlag Berlin, 1932, Gemeinfrei, Wikimedia Commons
Wenn es darum geht, Hetzmethoden zu erfinden, können die Linksradikalen durchaus kreativ sein. Und zuweilen auch effektiv: Ihre Schöpfung „Rechtskatholiken“ wird immer häufiger nicht nur von ihnen selbst, sondern auch von ihren Helfershelfern verwendet, die die linksradikalen Thesen in gemäßigtem Gewand in die Mitte der Gesellschaft zu übertragen versuchen.

So ist laut dem linksradikalen Hetzportal linksunten.indymedia.org die „Gustav-Siewerth-Akademie“ eine „rechtskatholische Kaderschmiede“.

Die "Antifa Frankfurt" sieht ein Erstarken der „Rechtskatholiken“ in Italien.

In Frankreich konstatiert „Jungle World“ seit Längerem ein Aufleben politischer Aktivitäten seitens dieser „Rechtskatholiken“.

Das „Antifaschistische Infoblatt“ witterte eine Allianz zwischen „Rechtskatholiken“ und der „Aktion Linkstrend stoppen e.V.“ innerhalb der CDU. Für diese Antifaschisten sind Rechtskatholiken im Wesentlichen alle Katholiken, die sich rechts vom „Zentralkomitee der deutschen Katholiken“ positionieren, also ca. 80 Prozent.

Was ein „Rechtskatholik“ sein könnte, wird nie genau erklärt. Handelt es sich etwa um Katholiken, die sich politisch „rechts“ im Sinne von Autoritarismus positionieren? Oder sind das Katholiken, die ihre politischen Vorstellungen aus dem Lehramt der katholischen Kirche ableiten?

Das wird man von der Antifa etc. nicht erfahren. Sie wollen gar nicht den Begriff definieren, weil sie ihn meist assoziativ verwenden: Person X, ein Katholik, ist mit Person Y, einem „Rechten“, bekannt, etwa über Facebook. Ergo ist er ein Rechtskatholik. Ganz einfach.

Eigentlich schade, denn der Begriff (den es in der Politologie und generell in den Geisteswissenschaften so nicht gibt, jedenfalls nicht so, wie er heutzutage in Deutschland verwendet wird) könnte durchaus eine sozial-ideologische Realität beschreiben.

Es gäbe da zwei Wege:

Das Naheliegende wäre, die „Rechtskatholiken“ in Kontrast mit den „Linkskatholiken“ zu setzen. Die Letzteren hat es tatsächlich in Südamerika gegeben. Es waren Mitglieder (und Sympathisanten) der Gruppen, die der sog. „Befreiungstheologie“ anhingen. Diese Theologie versuchte eine Symbiose zwischen Marxismus und Christentum herzustellen und befürwortete den Klassenkampf als legitimes Mittel. Die Befreiungstheologie war dabei eher eine politische Theorie als eine Theologie. Sie wurde erfunden, um die Masse der Gläubigen in den Kommunismus zu verführen. Die Katholiken, die der Befreiungstheologie anhingen, waren Sozialisten oder Kommunisten, obwohl Einzelne auch moderatere Versionen versuchten. Politisch scheiterte die "Befreiungstheologie". Verurteilt wurde sie durch den seinerzeit noch Kardinal Joseph Ratzinger in der Instruktion „Libertatis Nuntius“ im Jahr 1984.

Nun, es gab natürlich sehr viele Katholiken, die mit Befreiungstheologie, Sozialismus und Kommunismus nichts zu tun haben wollten und dagegen Widerstand leisteten. Sie verteidigten das Privateigentum und die Marktwirtschaft. Sie lehnten ebenso eine enge Anbindung an die Sowjetunion und an Kuba ab. Unter Umständen könnte man diese Katholiken als „Rechtskatholiken“ bezeichnen, denn ihre politische Haltung war geprägt durch ihr Festhalten am katholischen Lehramt. Und in der Tat wird in der lateinamerikanischen Publizistik der Begriff verwendet, ohne dass er mit Nationalsozialismus etc. in Verbindung gebracht wird.

Es gibt einen weiteren Deutungsversuch für den Begriff „Rechtskatholiken“: Es sind diejenigen, die eine konservative Auslegung der Sozialenzykliken betreiben.

Durch das Entstehen der sog. „Sozialen Frage“ im Zuge der Industrialisierung verfasst Papst Leo XIII. seine berühmte Enzyklika „Rerum Novarum“ im Jahr 1891. Leo XIII. erklärte darin, dass das Eigentum durchaus eine soziale Komponente besäße. Konkret: Wer Eigentum besitzt, muss es auch in irgendeiner Form zum Wohl der Gemeinschaft verwenden.

Dieser Aspekt wurde in der Folgeenzyklika, „Quadragesimo Anno“, von Pius XI., noch stärker betont.

Das Problem dabei ist, dass das Maß und die praktische Konsequenz dieser „sozialen Komponente“ des Eigentums lehramtlich offen bleiben.

Wie also die „soziale Verantwortung“ sozusagen konkret angewendet wird, muss die säkulare Macht entscheiden. Die Kirche kann natürlich appellieren: Man müsse die Armen mehr unterstützen, man müsse den Bedürftigen helfen usw. Wie das aber ordnungspolitisch genau geschehen soll, definiert die Kirche nicht, jedenfalls nicht im Detail. Sie sagt lediglich, dass Eigentum notwendig, gut und legitim ist. (Deshalb verurteilt die katholische Kirche den Kommunismus.) Und sie sagt, das Eigentum hat eine soziale Komponente.

Konkret in der Politik hat das zu zwei Positionen geführt:

Eine Gruppe befürwortete staatliche Lösungen, wie etwa Umverteilung des Eigentums. Diese Katholiken fühlten sich zu den Sozialisten hingezogen und schmiedeten nicht selten Allianzen. Politisch sind sie eher dem linken Lager zuzuordnen.

Eine zweite Gruppe bevorzugte sozusagen private Lösungen: Die Nächstenliebe und die Barmherzigkeit müssen freiwillig in die Praxis gesetzt werden. Nach dieser Auffassung soll die „Caritas“ privat organisiert sein, wie das viele Jahrhunderte auch der Fall war. Politisch sind diese Katholiken eher dem Rechten oder Konservativen zuzuordnen.

Es gäbe weitere Möglichkeiten der Einordnung, vor allem wenn man Frankreichs religiös-politische Landkarte des XIX. Jahrhunderts zur Grundlage nimmt: Ultramontanismus, Liberalismus und gar Sozialisten. Doch diese Einordung lässt sich nicht direkt auf Deutschland übertragen.

Fazit: Der Begriff „Rechtskatholik“ lässt sich unter Umständen ideengeschichtlich einordnen. Doch auf keinen Fall mit der Bedeutung, die man dem Begriff in Deutschland jetzt zu unterstellen versucht.